Erfolgreich durch IntegrationProjekte

“Alt ist nicht gleich alt”

Integrationsprojekt des Monats Dezember

Wer gemeinsam Zeit verbringt, der kann Vertrauen zueinander fassen und Vorurteile überwinden.  Das erleben regelmäßig deutsche und zugewanderte Seniorinnen und Senioren, die sich im Projekt “Alt ist nicht gleich alt” im Bremer Stadtteil Gröpelingen begegnen.

Der Einblick in andere Kulturen hilft, Ängste zu überwinden

“Oh, ich habe solche Schmerzen in den Knien”, – “da hilft ein Weißkohlblatt gegen die Entzündung!” Dialoge wie dieser zwischen Ilse Weber und Zeynep Sümer sind typisch, wenn sich jeden zweiten Dienstag der Gesprächskreis von Frauen im Alter zwischen 56 und 88 Jahren beim Zentrum für Migranten und Interkulturelle Studien in Bremen trifft.

Für Gudrun Münchmeyer-Elis, Projektleiterin von “Alt ist nicht gleich alt”, ein willkommener Anlass, an diesem Vormittag das Thema “Hausmittel” in den Mittelpunkt der Gesprächsrunde zu stellen. Schnell wird im Gespräch deutlich, dass die Frauen, egal ob mit deutschen oder türkischen Wurzeln, dieselben Mittel für dieselben Probleme kennen, wie z. B. Nelkengewürz gegen Zahnweh oder Quark gegen Sonnenbrand. “Im Gesprächskreis entdecken wir immer viele Gemeinsamkeiten”, erzählen Ilse Weber und Yurdanur Arslan, zwei Teilnehmerinnen des Gesprächskreises. Und genau darum geht es. “Innerhalb der Gruppe ist eine vertrauensvolle Atmosphäre entstanden, in der sich die Frauen oft Persönliches aus ihrem Leben mitteilen” sagt Projektleiterin Gudrun Münchmeyer-Elis. Das schafft Nähe und ermöglicht es, sich auf Augenhöhe zu begegnen, wie auch Teilnehmerin Ilse Weber bestätigt: “Wir verlieren unsere Ängste und gewinnen gegenseitig Vertrauen”.

Im Gesprächskreis entdecken die Teilnehmerinnen viele Gemeinsamkeiten und fassen Vertrauen zueinander.Quelle: BAMF l Dennis Williamson

Potenziale wecken und Talente entdecken

Der Gesprächskreis ist nur eines von vielen Angeboten, die im Projekt “Alt ist nicht gleich alt” für die Seniorinnen und Senioren zur Verfügung stehen. Das Angebot reicht vom Malkurs, über gemeinsames Nähen bis hin zur Holzwerkstatt. Uns geht es nicht nur darum, dass sich ältere Migrantinnen und Migranten und Einheimische hier kennenlernen und austauschen können, erklärt Gudrun Münchmeyer-Elis, Mit unseren Freizeitangeboten möchten wir auch das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten stärken.

Dass dabei so mancher ganz neue Talente bei sich entdeckt, berichtet Zeynep Sümer, Leiterin der Malgruppe. Bei ihr treffen sich vierzehntägig Frauen, die das Malen als Ausdruck ihrer Kreativität entdeckt haben. Zum Internationalen Frauentag 2017 bestückten sie bereits eine Ausstellung, und auch für 2018 sind viele Werke in Arbeit, die in der Gröpelinger Stadtteilbibliothek gezeigt werden sollen.

 

Zeynep Sümer (rechts) bietet vierzehntägig einen Malkurs im Projekt an.Quelle: BAMF l Dennis Williamson

Jede Frau hat einen anderen Zugang zur Malerei, für alle bietet sie jedoch eine Möglichkeit, dem Alltag ein Stück weit zu entfliehen. Für Özdal Dincel, die das Bild “Frau im Lavendelfeld” gemalt hat, hat Malen etwas Besinnliches: Beim Malen kann ich alles vergessen, das ist wie Meditation. Das Gleiche sagt auch Nuray Gürsel, deren Werke Blumen, Landschaften und Porträts zeigen. Ihren Kindern schickt sie per WhatsApp Fotos ihrer Bilder und berichtet: Die sind ganz stolz auf mich!

Alltagskompetenzen kultivieren und weitergeben

Ebenso wie Zeynep Sümer bietet auch Özdal Dincel ehrenamtlich Angebote im Projekt an. Özdal Dincel, Schneidermeisterin im Ruhestand, lädt vierzehntägig zur Nähwerkstatt ein. Beim gemeinsamen Nähen wachsen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über sich hinaus: Unter Özdals Anleitung habe ich selbst ein Kleid entworfen und genäht, erzählt Teilnehmerin Erika Schmeling begeistert. Özdal zeigt ihnen auch, wie sich ältere Kleidung aufpeppen oder je nach Bedarf enger und weiter machen lässt. Gerade für diejenigen, die mit wenig Geld im Alter zurechtkommen müssen, ist Özdals Angebot ein Geschenk.

In der Nähwerkstatt von Özdal Dincel (mitte) lernen die Projektteilnehmenden, wie man neue Kleidung entwirft und näht oder wie man ältere Stücke aufpeppt.Quelle: BAMF l Dennis Williamson

Aus Selbstvertrauen wachsen neue Ideen

Die Teilnehmenden des vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geförderten Projekts “Alt ist nicht gleich alt” entwickeln so ungeahnte Potentiale. Das stärkt das Selbstvertrauen und macht den Teilnehmenden Mut, ähnlich wie Zeynep Sümer oder Özdal Dincel selbst ehrenamtlich aktiv zu werden und Freizeitangebote für die Seniorinnen und Senioren im Projekt zu gestalten. “Teilhabe bedeutet nehmen und geben. Wir leisten unseren Beitrag, indem wir unsere Potenziale zeigen und andere daran teilhaben lassen“, erklärt Özdal Dincel. Für viele Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer ist die Übernahme eines ehrenamtlichen Engagements ein wichtiger Schritt aus der Isolation, die so oft mit dem Älterwerden einhergehen kann. Den Mut dazu, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Projekt gefunden.

Neue Möbelstücke bauen, alte restaurieren, das lernen die Projektteilnehmenden in der Holzwerkstatt. Ein weiteres Angebot im Projekt, das der ehemalige Tischler Erwin Weide anbietet.Quelle: BAMF l Dennis Williamson

 

Text: Antje Büsing

Quelle: BAMF/Fotos:Dennis Williamson

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